Nach vielen Überlegungen hatte ich mich im letzten Jahr entschlossen, 2010 die Kolahalbinsel in Russland zu befischen. Mawill kannte ich aus meinem letzten Norwegenurlaub und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Auch er wollte wieder nach Russland und so beschlossen wir nach einiger Recherche und diversen Telefonaten zusammen an die Umba zu fahren.
Nach einem, aus fischereilicher Sicht, viel zu langen und harten Winter stieg unsere Vorfreude mit Beginn des Frühlings mit jedem Tag an. Anfang Juni schien es fast unwirklich, dass es bald losgehen würde und so verflogen die Tage mit diversen Vorbereitungen wie dem Binden von Fliegen oder dem Spleißen von Schussköpfen.
Am 23. Juni ging es gegen 9:00h zum Hamburger Flughafen. Hier trafen wir Jürgen, der zufällig den gleichen Flug nach Murmansk gebucht hatte. Der zweistündige Flug nach St. Petersburg verlief ohne Probleme. Die 7 Stunden Aufenthalt verbrachten wir mit dem Begutachten der neuesten Fliegenkreationen und Fachsimpeln. Weiter ging es nach Murmansk. Es war erstaunlich, dass es um 1:00h Nachts noch taghell war. Während des Fluges konnte ich einige verschneite Berge ausmachen und das obwohl es schon Ende Juni war.
Pünktlich erreichten wir Murmansk und wir waren erleichtert, als wir unsere Koffer und Rutenrohre wieder in Empfang nehmen konnten. Im Hotel aßen wir noch eine Kleinigkeit bevor es zu Bett ging.
Am nächsten morgen wurden wir pünktlich um 9:00h am Hotel abgeholt um nach Umba zu fahren. Die Reise dorthin ist relativ problemlos. Die Straße ist modernisiert und wohl kein Vergleich mehr zu der Schotterpiste die es einmal war.
Die Fahrtzeit nach Umba beträgt ca. 5 Stunden. Aufgrund der langen Anreise bin ich kurzzeitig im Beifahrersitz eingenickt. Im Halbschlaf habe ich festgestellt, dass auch der Fahrer eingeschlafen war. Plötzlich war ich hellwach und habe versucht Smalltalk mit dem Fahrer zu betreiben um ihn wach zuhalten. Das war eine äußerst schwierige Aufgabe da er kein Englisch gesprochen hat.
Nach 5 Stunden Fahrt kamen wir gegen 14:00h an der Lodge an. Unser Guide Farid stand am Bootsanleger bereit um uns über den Fluss zur Lodge zu fahren. Der Camp Manager Nick Podolski hieß uns mit nicht zu guten Nachrichten willkommen. Es seien zwar Fische im Fluss die aber keine Fliegen nehmen wollen. Die Gruppe von Italienern welche schon am Samstag angereist war hatte nur sehr wenige Fische gefangen. Aufgrund der schlechten Bedingungen hatte sich die Gruppe entschlossen für 2 Tage die Varzuga zu befischen. Somit hatten Mawill und ich die Lodge und den Fluss für uns, die anderen sollten erst gegen Abend wiederkommen.
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Nach dem Mittagessen kramten wir schnell in unseren Koffern herum um das nötigste fürs Fischen auszupacken. Unser Guide zeigte uns den untersten Teil des Flusses und wir befischten verschiedene Pools zum Teil vom Land und zum Teil vom Boot. Mawill hatte ein paar zaghafte Takes, ich hatte nichts.
Nach dem Abendessen befischten wir den Homepool einige Durchgänge, ohne irgendein Lebenszeichen. Es zeichnete sich ab, dass wir mit schwierigen Bedingungen zu tun hatten.
Am nächsten Tag waren wir für den obersten Flussabschnitt Krivetz eingeteilt. Man wird mit dem Jetboot 20 Minuten stromauf gefahren von hier aus hat man einen ca. 5 Kilometer langen Fußmarsch vor sich. Der Weg war jedoch gut zu gehen. Aufgrund des Badewetters von knappen 25 Grad kam man jedoch gut ins Schwitzen. Mawill und ich befischten nun eine Flussseite zusammen. Stück für Stück befischten wir sehr schöne und abwechslungsreiche Pools. Bis auf ein paar Äschen jedoch ohne Fischkontakt. Gegen Abend trafen wir die Italiener wieder. Einer von Ihnen hatte 2 Lachse von bis zu 7 Kg fangen können.
Nach dem Abendessen befischten wir noch fleißig den Homepool in der Hoffnung endlich an unseren Fisch zu kommen. Gegen 2:00h Nachts nachdem wir an diesem Tag ca. 14 Stunden gefischt haben, beschlossen wir zu Bett zu gehen um am nächsten Tag ernsthaft anzugreifen.
Am Samstag war Wechseltag. Die Gruppe von Italienern ist früh abgereist und eine Gruppe Amerikaner wurde erwartet. Somit hatten wir den ganzen Fluss für uns und konnten uns aussuchen welche Pools wir befischen wollten. Steffen Juhl war leider gesundheitlich angeschlagen und konnte nicht mit uns fischen. Er riet uns jedoch den unteren Teil der Krivetz sowie einige Pools oberhalb der Lodge zu befischen.
Das Wetter war nach wie vor eher zum Baden als zum Lachsfischen geeignet. Wir starteten diesmal am Brads Pool welcher tiefes Wasser und eine gleichmäßige Strömung aufweist. Mawill fischte die gegenüberliegende Uferseite von mir. Stück für Stück fischte ich mich stromab immer einen Wurf und 2-3 Schritte. Endlich war es soweit, ich spürte einen Ruck in meiner Rute und nach dem Anheben spürte ich endlich Schläge eines Fisches der bestimmt keine Äsche sein konnte. Ich konnte den Lachs problemlos auf ca. halbe Schusskopflänge an mich herandrillen. Plötzlich machte der Lachs eine schnelle flucht und der Haken schlitzte aus. So eine Sch… nach 2 Tagen intensiver Fischerei den lang ersehnten ersten russischen Lachs zu verlieren ist nicht schön. Ich fischte weiter und nach kurzer Zeit hörte ich Mawill vom anderen Ufer:“ Jo, Fisch!“ Endlich schien sich was zu bewegen. Mawills Fisch machte einige schnelle Fluchte und nahm viel Runningline von der Rolle. Und das obwohl es nur ein ca. 2 Kg Grils war. Mawill releaste den leicht angefärbten Fisch, während ich versuchte von der anderen Flussseite ein paar Bilder zu machen.
Nach diesem Start waren wir beide sehr motiviert und befischten den unteren Teil der Krivetz. Die Pools sahen wirklich klasse aus und im Pine Pool, Poachers Corner und Office Pool hatten wir jederzeit das Gefühl, dass ein wirklich guter Fisch einsteigen kann. Wir fischten hart und konzentriert jedoch ohne Erfolg. Gegen Abend ging es zurück in die Lodge.
Wir begrüßten die neu angereisten Amerikaner. Sie waren insgesamt mit sieben Personen angereist und hatten auch schon gefischt. Sie hatten ein paar Fische gefangen, jedoch alles gefärbte Fische aus dem letzten Herbst. Es schienen kaum frische Fische aufzusteigen. Der erwartete Sommerrun hatte sich eventuell aufgrund des langen und harten Winters verspätet.
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Am Sonntag sollten wir wieder den oberen Krivetz Teil befischen. Steffen ging es etwas besser und er fischte mit uns. Den Vormittag fischten wir den Golden Pool und Golden Run direkt unterhalb den Lake Ponchos. Wie in den vorherigen Tagen sahen die Pools perfekt aus, leider tat sich nichts.
Nach dem Mittagessen ging Mawill mit Steffen stromab um dort weitere Pools zu befischen. Ich blieb mit dem Guide Farid im oberen Krivetz Teil. Nach ca. zwei Stunden intensiver Fischerei ohne Fischkontakt gingen wir stromab um die anderen zu treffen. Als ich Mawill traf gab es endlich gute Neuigkeiten. Im Nicks Pool hatte Mawill einen, leicht gefärbten, 15 Pfünder gefangen. Nach ein paar Glückwünschen und dem Betrachten der Bilder war Steffen nun äußerst bemüht mich an den Fisch zu bringen. Er sagte nur:“Ok Mawill, you relax now.“ Ich durfte nun die erfolgversprechenden Stellen als erster befischen, während Mawill sich aufs Fotos machen konzentrierte. Trotz aller Bemühungen von Steffen tat sich bei mir leider nichts.
Am nächsten Morgen befischten wir als erstes den Homepool. Ich fischte von einer Insel auf der linken Bankseite, während Mawill die andere Seite befischte. Nach ca. 20 Minuten hob er die Rute und drillte einen 3 Kg Fisch. Ich fing in de Zwischenzeit einen 35cm Hecht. Nun hatte ich mittlerweile Äschen, Bachforellen, Meerforellen und nun auch noch einen Hecht gefangen, jedoch keinen Lachs. Als Mawill nun erneut die Rute hob und einen Lachs landete, hatte ich langsam ernsthafte Zweifel ob ich nicht doch lieber Ameisen züchten sollte als auf Lachse zu fischen. Mawill bat nun Farid mich auf die andere Flussseite zu holen. Er wollte mir seine Flussseite überlassen, damit ich nun endlich meinen ersten russischen Lachs fangen sollte. Ich stieg am oberen Teil des Homepools an und warf schräg querüber. Nach ca. 20 Metern hatte ich einen take. Ich hob die Rute und hatte endlich wieder einen Lachs am Band. Nach kurzem Drill konnte ich endlich meinen ersten russischen Lachs landen. Es war ein gefärbter 3 Kg Fisch.
Die 3 Fische die wir innerhalb einer halben Stunde im Homepool fangen konnten, gaben uns neue Hoffnung. Das waren endlich einmal russische Bedingungen. Die nächsten Tage fischten wir intensiv zum Teil bis spät in den Abend. Mawill konnte noch einen Grils landen. Ansonsten tat sich bei uns nichts mehr. Die anderen Gäste hatten auch nicht viele Erfolgserlebnisse zu verzeichnen. Steffen war nach wie vor bemüht uns an den Fisch zu bringen, es waren aber einfach kaum Fische da.
An unserem letzten Fischtag tat sich auch nichts bei uns und gegen 6:00h beschlossen wir das Fischen einzustellen. Steffen fragte ob wir nicht doch noch mal im Homepool fischen wollten. Unsere Entscheidung stand fest und so versuchte Steffen es. Wir wollten gerade die Wathosen ausziehen da hörten wir ein Pfeifen. Steffen landete gerade einen gefärbten 5 Kg Fisch im Homepool. Er fragte ob wir es nicht wirklich noch einmal probieren wollten. Wir lehnten ab und so fischte er weiter. Nach 15 Minuten hörten wir erneut ein Pfeifen und Steffen stand mit krummer Rute im Homepool. Diesmal war es ein schöner blanker Fisch von 5 Kg. Es war der einzige blanke Fisch den wir in der Woche Umba gesehen hatten. Wir waren nicht böse, dass Steffen die Fische gefangen hatte. Man kann daraus aber sicher die Lehre ziehen, dass man bis zur letzten Minute in der die Fliege im Wasser ist die Chance auf einen Fisch hat.
Am Umba fischten wir hauptsächlich Float/Sink 1 Schussköpfe mit slow sink oder intermediate Polyleadern. Das Wasser hatte für Lachse recht angenehme Temperaturen und es war daher nicht nötig die Fliege sehr nah am Grund anzubieten. Was die Fliegenwahl anging war es leider nicht möglich viel zu experimentieren, da wir generell sehr wenige Fischkontakte hatten. Von daher blieben wir bei Mustern die sich bewährt haben. Kleine Red Butt Fliegen in schwarz, sowie die KHK 13 von Ulf Sill auf kleine US Tubes gebunden brachten einige Fische. Es war erstaunlich wie viele Äschen die Fliegen nahmen sobald die Fliegen etwas bunter wurden. Auch aus diesem Grund blieben wir hauptsächlich bei unscheinbaren schwarzen Mustern.
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Am nächsten Tag traten wir gegen 9:00h die Reise nach Murmansk an. Mawill sollte am Freitag an den Yokanga fliegen. Ich hatte noch 2 Tage an denen ich Tageskartenstrecken befischen wollte. In weiser Voraussicht kauften wir unserem Fahrer ein paar Redbull an der ersten Tankstelle. Die Woche in Umba war rückblickend gesehen sehr enttäuschend. Steffen Juhl’s Homepage hat uns andere Hoffnungen vor Antritt der Reise gemacht. Als uns der Guide mit den Worten: „Umba no good in summer.“ begrüßt hat bekamen wir langsam den Eindruck auf Steffens gute Werbung hereingefallen zu sein. Während der Woche hat Steffen mehrmals betont, dass er eine so schlechte Saison noch nie erlebt hat. Er hat sich diverse Male für die äußerst schlechten Bedingungen entschuldigt und zig Mal angeboten seine Gäste für die schlechte Fischerei zu entschädigen. Bis heute haben wir von dieser Entschädigung nichts gehört.
Auch wurde betont, dass diese Fischerei im nächsten Jahr so nicht noch einmal angeboten werden kann. Steffen betonte, dass er die Sommerwochen an der Umba hauptsächlich verkauft hat, um der Region auch in der Nebensaison (für die Umba, welche eigentlich im Herbst gut fischt) Gäste zu verschaffen.
Dies steht in einem klaren Gegensatz zu Steffens Programm für 2011 wo die Sommerwochen an der Umba wieder als: „fair priced summer fishing“ und „ Great June Fishing“ angeboten werden. Dies ist für alle Gäste aus 2010 sehr enttäuschend, da es die erlebten Wochen in keiner Weise wieder spiegelt.
Tight lines,
Sven Hempel