Die diesjährige Saison an der Gaula war durch einige Extreme geprägt… Zunächst war der Winter in Norwegen so lang und kalt wie überall in Europa. Kaltes Wasser und ungünstige Wasserstände zu Saisonbeginn ließen die Fischerei, zumindest in den Abschnitten oberhalb des Gaulfossens, nur langsam in Schwung kommen. Trotz schwieriger Bedingungen, wurden auch in diesem Jahr wieder viele große Lachse im Eröffnungsmonat Juni gefangen, der größte brachte stolze 21,4kg auf die Wage!
So schwierig wie die Saison begann ging sie erst einmal weiter… In der vierten Juniwoche mussten die Fliegenfischer den höchsten Wasserstand der letzten 20 Jahre, über 1400 m³ gemessen am Gaulfossen aussitzen, ehe sich die Saison langsam mäßigte. Von Juli bis Anfang August konnten vielen Strecken Rekordfänge verbuchen und wer sich zu dieser Zeit an der Gaula befand, der konnte wahre Sternstunden erleben! Dies lag an überdurchschnittlich vielen Grilsen und 1-SW Fischen die zu jener Zeit in die Gaula aufstiegen.
Diese Berichte ließen uns hoffen, dass es auch bis zum Saisonende so weiter gehen würde! Wir hatten in diesem Jahr die letzten zwei Wochen an einer Privatstrecke an der mittleren Gaula gebucht. Geradezu euphorisch verfolgten wir die Fangzahlen, Wetter- und Wasserstände. Es schien fast so, als regnete es im August in ganz Norwegen, außer in der Region bei Trondheim. Leider behielten die Meteorologen recht. Als wir am 16.8 den ersten Blick auf den Fluss warfen konnten wir es kaum fassen – der Wasserstand war so niedrig, dass viele Pools überhaupt keine Strömung mehr aufwiesen. Der niedrigste Wasserstand der letzten 40 Jahre und Badehosenwetter ließ uns mit dem Gedanken spielen, die einheimischen Kinder bei ihren Abkühlungen in den Fluss zu begleiten… Keiner in unserer Gruppe hatte die Gaula jemals so niedrig gesehen! Waren wir wieder einmal zur falschen Zeit am richtigen Ort?
Die Zweihandruten blieben also erst einmal in der Hütte und wir erkundeten die Pools mit Trockenfliegen, Nümpfen, so wie den kleinsten Lachsfliegen, die unsere Boxen hergaben. Das dieses unterfangen nicht aussichtslos sein sollte bewies Niko, der bereits am ersten Abend einen Milchner von 3,8 kg auf eine mini Rotenon-Fliege landen konnte! Die folgenden Tage beschränkten sich auf die frühmorgendliche Pirsch und die
Abend- / Nachtstunden. Dabei konnte unsere Gruppe einige Kontakte herstellen und 4 weitere Grilse landen. Jörans Erfolgsmuster war eine kleine Francis, die er den Lachsen an einer Sinktip, anscheinend genau vors Maul präsentierte und so einige Drills bekam. Ich konnte meinen ersten Lachs, am letzten Durchgang des
dritten Abends fangen. Kurz vor Mitternacht band ich eine riesige Tsunami-Sunray ans Vorfach und wurde zunächst mit einem heftigen Take belohnt. Erst der dritte Wurf an die selbe Stelle brachte den Fisch ein zweites Mal zur Fliege, diesmal zog sie jedoch den kürzeren und ich konnte eine wunderschöne, leicht gefärbte Lachsdame von 8kg, zu einem kurzen Fototermin überreden. Es war ein herrliches Gefühl, den Fisch in sein Element zurück gleiten zu sehen!
Am nächsten Tag schien sich das Wetter dann doch zu erbarmen und lies die ersten Schauer durchs Tal ziehen. Dieser Tag fiel mit der Ankunft von Boris zusammen, der seinem Boss nur eine Woche Urlaub abringen konnte. Nun ja, es sollte sein großer Auftritt werden! Als Lachsneuling befischte er mit mir am ersten Abend einen kleinen Pool. Ich geleitete ihn in seinem ersten Durchgang um Watwege, Wurfwinkel und Menden zu erklären. Es muss etwa sein zehnter Wurf gewesen sein, als ich die Schlaufe durch seine Finger rutschen sah! Ich hatte ihm vorher sicher 100mal eingebläut, die Schlaufe freizugeben, sobald ihm etwas am anderen Ende faul vorkam… die Schnur strafte sich und Boris hob die Rute. Nach 30min Lachsfischen, konnte er seinen ersten Lachs in die Kamera halten. Diesem Fisch folgten vier Weitere, damit hatte Boris mit abstand die Toprod dieses Trips!
Was ihm und uns allen in den folgenden Tagen zu gute kam war ein mini Sommerflut, ausgelöst durch Niederschlag in den Bergen. Fast Jeder in unserer Gruppe konnte in den folgenden Tagen Kontakte herstellen und wir fingen einige leicht angestaubte jedoch frische, meerlausbehaftete Fische. Vor der Mündung hielten sich anscheinend noch immer viele Fische auf, die seit Wochen darauf warteten, endlich bessere Aufstiegsbedingungen vorzufinden… Auch einige alte Standfische, wurden durch die Neuankömmlinge dieser Tage wieder aggressiv und gingen an die Fliege. So konnte Steffan einen alten Standbock überlisten und auch Mawill verlor einen sehr großen Fisch nach 10minütigem Drill. Leider fiel das Wasser genau so schnell wie es gekommen war und die Fischerei verschlechterte sich. Kontakte waren nun wieder sehr sporadisch und die Lethargie der Fische übertrog sich auch auf uns. Werner und ich quälten uns zur x-ten Morgensession aus den Federn und er wurde mit einer knapp 10kg schweren Lachsdame belohnt. Viel ging jedoch nicht und alle warteten darauf, dass die dicken Wolken über unseren Köpfen mehr als nur ein paar Tropfen hier und da ausspuckten.
Der Regen kam dann auch, nur leider erst am letzten Tag der Saison! Wir konnten zusehen, wie der Wasserstand innerhalb weniger Stunden auf ein vielfaches anstieg. Sofort war unsere Lachsanglerwelt wieder heil und Sven verlor einen blanken 6kg+ Fisch kurz vor der Landung. Je mehr das Wasser stieg, desto trüber wurde es. Damit war dann auch unsere Saison an der Gaula zu Ende.
Am nächsten morgen bei der Heimfahrt konnten wir „unsere“ Pools dann ein letztes Mal, in perfektem Wasserstand beäugen. Danach war es an der Zeit, Resümee zu ziehen. Wir waren in diesem Jahr zwei Wochen an einem der Top–Lachsflüsse Norwegens, leider jedoch zur falschen Zeit. Fast Jeder in unserer Gruppe konnte trotzdem ein oder zwei (fünf) Fische fangen, für die vorgefundenen Bedingungen war dieses Ergebnis sicher nicht so schlecht! Jedoch eine Frage blieb: Was wäre passiert, wenn der Regen früher gekommen wäre?
Tight Lines,
Dein FlyOnly Team