Endlich war es soweit. Ich landete am Frankfurter Flughafen, wo mich mein Kumpel Markus bereits erwartete. Nach Wochen der Vorfreude und Vorbereitung ging es für uns in der 3. Novemberwoche nach Rügen zum Hechtfischen. Nach anstrengender Fahrt erreichten wir um 24:00 unsere Unterkunft auf Rügen. Selbst nach der langen Reise war nicht Schlafen, sondern Gerät Auftacklen bis 4 Uhr morgens angesagt. Folglich schafften wir es am ersten Tag nicht vor 11:00 ans Wasser. Wir fischten die kommenden Tage am Breetzer, Breeger, Vieker und Jassmunder Bodden.
Als Angelspots suchten wir uns markante Stellen mit ausgeprägter Scharkante aus. Zu Beginn des Winters verlassen die Futterfische und somit auch die Hechte die
Flachwasserbereiche und ziehen zu den tiefen Stellen des Gewässers. Da wir ohne Boot also watend fischten, galt es zunächst anhand von Tiefenkarten und Google Earth Bildern die Kanten zum tiefen Wasser herauszufinden, die wir watend erreichen konnten. Da die Boddengewässer über weite Uferstrecken sehr flach sind, hieß es teilweise mehrere 100 Meter bis zur ersten Scharkante zu laufen, was sich als eine sehr anstrengende und nicht immer erfolgreiche Sache herausstellte. Aber wenn man zum ersten Mal eine dermaßen große Wasserfläche und noch dazu ohne ortskundigen Guide befischt, muss man eben etliche Leerkilometer in Kauf nehmen. Hatte man aber an einem Spot erstmal einen Hechtkontakt, galt es diese Stelle genauer zu befischen. Meist fingen wir mehrere Hechte auf nur wenigen Metern und bekamen dann über weite Strecken keinen Biss, was dafür sprach, dass die Hechte sehr konzentriert an bestimmten Stellen standen.
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Ein weiterer entscheidender Faktor war Kraut. Da sich die Hechte gerne in Krautfeldern aufhalten, war es sinnlos Stellen mit Sandboden und wenig Bewuchs zu befischen. Auf unseren sehr detailgetreuen Google Earth Aufnahmen waren die großen Krautfelder sehr gut zu erkennen.
Als dritten Schlüsselfaktor ist der Wind bzw. die Windrichtung zu sehen. Kommt der Wind aus Nord bzw. Osten scheint dies den Fischen auf den Magen zu schlagen. Wir konnten uns die gesamte Woche über Wind aus Süd bzw. Südwest freuen. Dem Wind zugewande Uferlinien haben sich durch das von Wellen angetrübte Wasser als unproduktiv herausgestellt. Der Hecht ist nun mal ein Augenräuber und bevorzugt klares Wasser.
Nach Bedacht der zuvor erwähnten Faktoren suchten wir unsere Stellen. Gleich am ersten Tag stießen wir auf eine Gold- besser gesagt auf eine Hechtmiene. Innerhalb der ersten halben Stunde konnten Markus und auch ich den ersten Biss verzeichnen. Vom schnellen Erfolg motiviert waren wir nun heißer als ein glühendes Stück Kohle. Da wir jede Menge Fotos schießen wollten fischten Markus und ich recht knapp beisammen. Deshalb fieberte man nicht nur bei den eigenen Fischkontakten, sondern bei jedem Nachläufer oder Biss des anderen mit und so schaukelte sich die Stimmung immer mehr auf. Nach mehreren Nachläufern auf meinen 25 cm langen Baitfish-Streamer stieg bei Markus ein schöner 80iger voll auf den Flashstreamer ein. Schnell waren ein paar Fotos gemacht und der Hecht wieder zurückgesetzt.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir ausschließlich widerhakenlos fischen, um ein schnelles und fischschonendes Zurücksetzen gewährleisten zu können. Auch ich wechselte das Muster und nach dem ersten Wurf war auch meine Rute krumm bis ins Griffteil. Lange Rede kurzer Sinn, es gelang uns innerhalb von 4 Stunden 14 Hechte zu fangen; Die unzähligen Fehlbisse und Nachläufer seien hier nicht erwähnt. Alle Hechte waren größer als 75 cm, die meisten maßen um die 85 cm. Schon am ersten Tag gelang es mir den magischen Meter mit einem Hecht von 102 cm zu knacken.
Vollkommen überwältigt von den Fängen und Eindrücken des ersten Angeltages waren wir uns bewusst, dass wir ein paar Sternstunden erleben durften und dass wir die nächsten Tage sicherlich nicht mit diesen Ergebnissen rechnen sollten.
Nach drei Tagen mit sehr guten Fängen und einigen Meterhechten stießen unsere Hamburger Jungs, Mawill, Kolja und Michi zu uns. Sie brachten nicht nur jede Menge Motivation sondern auch richtig schlechtes Wetter mit. An den folgenden beiden Tagen hatten wir mit Regen und 6-8 Windstärken mit orkanartigen Böen zu kämpfen. Dadurch verschlechterte sich die exzellente Fischerei der vergangenen Tage natürlich, trotzdem sollten alle drei, super Fänge erleben.
Im Laufe unseres Aufenthalts konnten wir feststellen, dass die Fangergebnisse sehr stark von dem jeweilig eingesetztem Gerät und der Köderführung abhängig waren. Als beste Leinen stellten sich kurze (ca. 8 Meter), schwimmende Schussköpfe oder WF-Leinen mit kurzem bzw. keinem Fronttaper heraus. Daran wurde ein Vorfach, aufgebaut aus 1 Meter 0,70iger Fluorcarbon und 1 Meter 0,50iger Fluorcarbon, montiert. Das 30 bis 40 cm lange und 28 lbs tragende Stahlvorfach wurde mittels eines Rigrings mit dem Vorfach verbunden. Ans andere Ende des Stahlvorfachs wurde ein Crosslog-Wirbel bester Qualität montiert. Damit klappt der Streamerwechsel schnell und unproblematisch. Man sollte den Wirbel nicht zu klein wählen, da die Fliege sonst an Spiel verliert. Um die Fliege auf Tiefe zu bringen statteten wir diese mit Blei- oder Tungstenaugen aus, die dem Streamer eine verführerische Jig-Aktion verleihen. Zu Beginn variierten wir die Führungsweise, um herauszufinden, was den Hechten am besten gefiel. Dabei wurde gleich klar, dass in der Ruhe die Kraft liegt. Als ich hinter Markus herfischte, war keine Fischaktivität zu verzeichnen. Bei meinem nächsten Wurf verknotete sich die Runningline. Nach ca. 20 Sekunden Knotenentwirren knallte plötzlich ein Hecht auf den Streamer. Die nächsten Würfe fischten wir mit sehr langen
Strippausen, unterbrochen von 2-3 kurzen, schnellen Strips aus und innerhalb kurzer Zeit waren wir beide mit Hechten im Drill. Besonders spannend waren die Absinkphasen, in denen wir teils brutale Bisse bekamen.
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Da das Werfen von Großstreamer bei 6 Windstärken kein Zuckerschlecken ist, waren wir abends meist vollkommen fertig. Aber das Wetter konnte uns nicht abhalten und so konnten wir bei richtig schlechten Bedingungen noch einige Hechte fangen. Markus landete am ersten Schlechtwettertag mit 110 cm sogar den größten Hecht des Trips.
Mawill konnte an seinem zweiten Tag innerhalb von 30 Minuten 3 Hechte zwischen 70 und 96 cm landen.
Durch Mawills Fänge motiviert stieg Kolja zwischen Mawill und mir ein und konnte ebenfalls innerhalb weniger Minuten 4 Hechte drillen. Beim dritten Biss war sofort klar, dass es sich um einen richtig guten Fisch handeln musste. Der Hecht zog langsam und unbeirrt vom Gegendruck der Rute #10 seine Bahnen. Nach einem spannenden Drill konnte Kolja eine feiste Boddenmutti von 104 cm Länge mit gekonntem
Kiemengriff landen. Kurz darauf verlor er einen noch größeren Fisch!
Es war nun schon langsam dunkel geworden, doch Michi hatte wohl beschlossen, den Bodden an diesem Tag nicht erfolglos zu verlassen. So stand er noch im Wasser, als wir alle bereits an ein kühles Bier auf dem warmen Sofa dachten. Die Freude war schließlich groß, als Michi es schaffte, mit eisernem Willen, Wind und Wellen trotzend seinen ersten Fliegenhecht zu fangen.
Ich kann behaupten, dass wir in dieser Woche die beste Hechtfischerei unseres Lebens erleben durften. Besonders beeindruckte uns die Durchschnittesgröße der gefangenen Hechte und das Watfischen in einer unberührten Boddenlandschaft.
Leider wurden unsere positiven Eindrücke durch das Verhalten einiger Sportskollegen etwas getrübt. An stärker beangelten Stellen konnten wir beobachten, dass jeder gefangene Hecht abgeschlagen wurde. Bleibt nur zu hoffen, dass diese tollen Hechtgewässer den steigenden Befischungsdruck und die massive Entnahme von Großfischen verkraften.
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Petri Heil aus Österreich,
Nikolai Prietl